Nanostrukturierte Materialien

Synthese, Charakterisierung und Anwendung von nanoskaligen Materialien

In der Arbeitsgruppe um Prof. Christian Klinke werden halbleitende Quantenpunkte, Nanodrähte und Nanoplättchen mittels kolloidaler Chemie hergestellt und deren kristallographische Eigenschaften mit Hilfe von elektronenmikroskopischen und Röntgen-Methoden untersucht. Insbesondere zweidimensionale Materialien aus PbS, CdS, SnS und Perowskiten werden untersucht, sowie deren Größen-, Form- und Kristallphasenkontrolle. Um die Strukturen effizient in elektronischen Bauelementen einsetzen zu können, wird der optoelektronische Transport durch diese Materialien erforscht. Als spektakuläres Beispiel konnte gezeigt werden, dass eine Terminierung von Bleisulfid-Nanodrähten mit gemischten Blei/Schwefel-Facetten zu dem für Bleisulfid bekannten halbleitenden, wogegen eine Terminierung mit bleireichen {111}-Facetten zu einem metallischen und sogar supraleitenden Verhalten führt (siehe Abbildung 2) [1]. Die Kristallographie spielt eine entscheidende Rolle für die chemischen und physikalischen Eigenschaften. Die hochauflösende Elektronenmikroskopie ist eine entscheidende und unabdingbare Methode zur Strukturaufklärung in der Kolloid-Chemie von Nanostrukturen. In Zukunft stehen Perowskite als vielversprechende Materialien für Solarzellen und LEDs, und Topologische Isolatoren als neue Materialien für schnelle Transistoren, Spin-Transistoren und Quantencomputer in Vordergrund der Forschung. Die in-situ Synthese mittels TEM-Flüssigkeitshalter wird Wachstumsprozesse aufklären und damit die Synthesen effizienter machen.

[1] M. M. Ramin Moayed, S. Kull, A. Rieckmann, P. Beck, M. Wagstaffe, H. Noei, A. Kornowski, A. B. Hungria, R. Lesyuk, A. Stierle, C. Klinke, Function Follows Form: From Semiconducting to Metallic Towards Superconducting PbS Nanowires by Faceting the Crystal, Adv. Func. Mater. 30 (2020), 1910503.

Optische Spektroskopie und TEM

In den letzten Jahren sind neben Graphen, eine isolierten Monolage von Graphit als dem prototypischen Material für 2D-Strukturen, auch viele weitere zweidimensionale Kristalle in den Fokus der experimentellen Festkörper-Forschung gerückt. Diese können mittels chemischer Gasphasen-Abscheidung (CVD) gezüchtet werden. Aufgrund ihrer ungewöhnlichen Eigenschaften sind insbesondere die halbleitenden Übergangsmetall-Dichalcogenide (ÜMDs) wie MoS2, WS2, WSe2 und MoSe2 von besonderem Interesse. Durch ihre zweidimensionale Struktur zeichnen sie sich durch extrem hohe Exzitonen-Bindungsenergien aus, so dass exzitonische Effekte auch weit oberhalb von Raumtemperatur die optischen Eigenschaften dominieren. Neben ÜMD-Monolagen sind vor allem Hetero-Bilagen aus verschiedenen ÜMDs in den vergangenen Jahren intensiv untersucht worden: durch Wahl geeigneter ÜMD-Kombinationen entsteht eine Typ-II-Heterostruktur, in der es zur Ladungstrennung kommt, so dass sich sogenannte Interlagen-Exzitonen bilden können. In diesen Hetero-Bilagen ergibt sich ein vollkommen neuartiger Freiheitsgrad: die relative kristallographische Orientierung der benachbarten Lagen ist frei wählbar und erlaubt eine Kontrolle der elektronischen Eigenschaften, was die Arbeitsgruppe von Prof. Tobias Korn kürzlich für verschiedene Materialkombinationen zeigen konnte [1]. Optische Spektroskopie und TEM sind essentielle Werkzeuge, um Wachstumsprozesse zu optimieren. Die hohe Qualität der so optimierten CVD-Schichten ermöglicht auch ihre Nutzung in ÜMD-Heterobilagen. Mittelfristig möchte die AG Korn durch Kombination von verschiedenen lokal sulfurisierten ÜMD-Schichten Heterobilagen herstellen, in denen sowohl Ladungstrennung als auch lateralen Einschluss für Interlagen-Exzitonen realisiert werden kann. Die komplexen Strukturen können beispielsweise als leitende Kanäle und Fallen für Interlagen-Exzitonen eingesetzt werden und somit Grundbausteine für integrierte exzitonische Schaltkreise bilden.

[1] J. Kunstmann, F. Mooshammer, P. Nagler, A. Chaves, F. Stein, N. Paradiso, G. Plechinger, C. Strunk, C. Schüller, G. Seifert, D. R. Reichman, and T. Korn, Momentum-space indirect interlayer excitons in transition-metal dichalcogenide van der Waals heterostructures, Nature Phys. 14 (2018), 801.